Up Date Gesellschaftsrecht: Haftung der Treugeber für den Treuhänder? Durchgriffshaftung oder Trennungsprinzip?

In seiner aktuellen Entscheidung (OGH 25.01.2023, 6Ob31/22k) hat sich der OGH mit der Zulässigkeit der Durchgriffshaftung von Treugebern befasst. In diesem Beitrag finden Sie die wesentlichen Aussagen des Höchstgerichts zusammengefasst.

1. Ausgangssituation

A als Treugeber war Shareholder einer in Österreich ansässigen Limited. Die Limited gründete als Treuhänder für die Treugeber A und B eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Österreich.

Über das Vermögen der österreichischen GmbH wurde 2019 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Masseverwalter machte nun gegenüber dem Treugeber A den ausständigen Teil der Stammeinlagen in Höhe von EUR 8.750,00 geltend (Treugeber B war nicht mehr greifbar, da bereits verstorben).

Die Begründung des Masseverwalters lautet wie folgt: Die Limited habe den Hälfteanteil an der GmbH treuhändig für den Treugeber A gehalten und dieser sei indirekt beherrschender Gesellschafter der GmbH gewesen. Nach Auffassung der Klägerin liegt ein offenkundiger Umgehungsfall vor, da die Limited nur mit der Absicht gegründet wurde, die wahren Eigentümer der GmbH zu verschleiern und möglichst wenig Kapital aufbringen zu müssen, um den Haftungsfonds für die Gläubiger zu schmälern. Der mitbeherrschende Treugeber A solle nicht besser gestellt werden als ein direkt beteiligter Gesellschafter. Aus diesen Gründen hafte der Treugeber A für den noch ausständigen Teil der Stammeinlage.

2. Entscheidung der Vorinstanzen

In erster Instanz stellte das Bezirksgericht Hallein fest, dass der Treugeber unmittelbar für die offene Stammeinlage haftet. Die Limited hat 50 % der Anteile an der GmbH treuhändig für den Treugeber gehalten, welcher zudem faktischer Geschäftsführer der GmbH war.

Laut dem Erstgericht war der Zweck der Treuhand die Verschleierung der wirtschaftlichen Verhältnisse an der GmbH und es sollte durch die Zwischenschaltung der Beklagten lediglich die Kapitalaufbringung im Sinne des § 63 Abs 1 GmbHG umgangen werden, weshalb der Treugeber in analoger Anwendung der Norm unmittelbar für die offene Einlage haftet.

Diese Entscheidung wurde durch das Landesgericht Salzburg als Berufungsgericht bestätigt.

3. Kernaussagen des OGH

In seiner ständigen Rechtsprechung hält der Oberste Gerichtshof fest, dass nach dem Trennungsprinzip Gesellschafterbeteiligung und Treuhandverhältnis zu trennen sind. Die gesellschafterähnliche Stellung des Treugebers begründet keine Teilrechtsposition innerhalb der Gesellschaft, womit ausschließlich der Treuhänder Gesellschafter ist. Der Treuhänder ist demnach auch Träger gesellschaftsrechtlicher Rechte und Pflichten. Eine Rechtsbeziehung zwischen Treugeber und Gesellschaft gibt es nicht. Dies ist auch auf den in § 63 Abs 1 GmbHG normierten Grundsatz der Verpflichtung zur Leistung der Stammeinlage anzuwenden.

Den Interessen der Gläubiger stehen die nicht anders zu behandelnden Interessen des Treugebers gegenüber, bloß mittelbar beteiligt zu sein und nach außen nicht in Erscheinung zu treten.

In weiterer Betrachtung des § 63 Abs 1 GmbHG ist auch nicht ausschlaggebend, ob der Treugeber gesellschaftsintern Leitungs- oder Herrschaftsrechte innehat, ihm also eine mitbeherrschende Rechtsposition zukommt. Weiters wird dem Treugeber durch die Vertragsbeziehung mit dem Treuhänder auch ohne gesonderte Einräumung durch Mitgesellschafter eine indirekte Mitbestimmung möglich sein.

In Ausnahmefällen kann jedoch der Treugeber zur Haftung für die Einlagepflicht herangezogen werden. Dies ist der Fall, wenn die Zwischenschaltung eines Treuhänders offenkundig Umgehungs- bzw Missbrauchszwecken dient, was regelmäßig dann anzunehmen ist, wenn durch die Einbindung eines Treuhänders lediglich die Haftung des Treugebers verhindert werden soll und der Treuhänder von vornherein nicht über die erforderlichen wirtschaftlichen Mittel verfügt, der Verpflichtung zur Leistung der Stammeinlage nachzukommen.

Die bei Gründung der GmbH gewählte Treuhandkonstruktion unter Beteiligung der Limited, welche dazu diente, die wirtschaftlichen Eigentümer nach außen nicht in Erscheinung treten zu lassen, führte per se nicht zu einer Haftung des Treugebers.

4. Fazit

Durch diese Entscheidung bestätigt der OGH, dass eine Durchgriffshaftung des Treugebers prinzipiell zu verneinen ist und nur in Ausnahmefällen ein erweiterter Haftungsfonds mit solidarischer Haftung des Treuhänders und -gebers für die Aufbringung der Stammeinlage sachgerecht wäre.

Anmerkung: Aufgrund des nun geltenden WieReG sind diese Treuhandkonstellationen in der Praxis kaum mehr anzutreffen (Stichwort: Verpflichtende Offenlegung der Treuhandschaft).

Ihre Ansprechpartner im Gesellschafts- und Steuerrecht unter der Leitung von Dr. Kornelia Waitz-Ramsauer, LL.M. finden Sie hier.

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zur allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit wird von Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH keine Haftung übernommen.

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