Testament? Unbedingt – aber richtig!

OGH-Entscheidung zur Gültigkeit von mehrblättrigen fremdhändigen Testamenten

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, ist ein fremdhändiges Testament formungültig, wenn der Erblasser und/oder die Testamentszeugen auf einem losen Blatt unterschreiben, ohne dass ein äußerer oder inhaltlicher Zusammenhang mit dem Blatt besteht, auf dem sich der Text befindet.

Ein äußerer Zusammenhang liegt vor, wenn vor oder während des Testiervorgangs eine Urkundeneinheit der losen Blätter hergestellt wird. Dies kann durch eine derart feste Verbindung geschehen, die nur durch Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann. Hierbei kommt ein Binden, Kleben oder Nähen der Urkundenteile in Frage. Nicht ausreichend ist eine Verbindung der Blätter mit einer Büroklammer oder einer einzelnen Heftklammer! Drei Heftklammern werden wiederum als feste Verbindung gesehen!

Ein innerer Zusammenhang kann laut dem Obersten Gerichtshof durch Textfortsetzung sowie durch einen unterfertigten Vermerk des Testators auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung hergestellt werden. Hierbei muss jedoch erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht. Nicht ausreichend ist eine Seitennummerierung! Nicht ausreichend ist eine Textfortführung auf der nächsten Seite!

In zwei neuen Entscheidungen erkennt der Oberste Gerichtshof über das Vorliegen des äußeren sowie des inneren Zusammenhangs eines losen Blattes eines fremdhändigen Testamentes.

Die wesentlichen Punkte der neuen OGH-Entscheidungen dürfen wir im Folgenden zusammenfassen:

1. Sachverhalte

In der ersten Entscheidung zu 2 Ob 25/22 y vom 16.03.2022 hat der verstorbene Erblasser ein aus zwei Blättern bestehendes, maschinengeschriebenes Testament unterfertigt. Die erste, doppelseitig bedruckte Seite enthält den Text, das zweite einseitig bedruckte Blatt lediglich die Schlussklausel, die Angabe von Ort und Datum und die Unterschriften. Verbunden wurden die beiden Blätter durch drei seitlich angebrachte Heftklammern.

In der zweiten Entscheidung des OGH zu 2 Ob 29/22m vom 26.04.2022 hat der verstorbene Erblasser mehrere letztwillige Verfügungen hinterlassen. Zuletzt hat er in einem fremdhändigen Testament sämtliche frühere eigenhändige letztwillige Verfügungen widerrufen. Die erste Seite war beidseitig bedruckt und endete mit den Worten „[…] habe ich meinem letzten Willen entsprechend vollinhalt-„ und wurde auf dem zweiten losen Blatt wie folgt fortgesetzt: „lich anerkannt und sodann eigenhändig vor ihnen und unter deren Mitfertigung unterschrieben.“ Es erfolgte daraufhin die Angabe von Ort, Datum und der Unterschriften.

2. Kernaussagen des Obersten Gerichtshofes

Mit der Entscheidung 2 Ob 25/22 y bestätigte der OGH zunächst, dass durch die Verwendung einer einzigen Heftklammer keine äußere Urkundeneinheit hergestellt werden könne. Weiters stellte er jedoch klar, dass die Verwendung von drei seitlich angebrachten Heftklammern eine derart feste Verbindung darstelle, die einer Verbindung durch Binden, Kleben oder Nähen der einzelnen Blätter gleichgestellt werden könne und für die Herstellung einer äußeren Urkundeneinheit ausreichend sei.

In der Entscheidung 2 Ob 29/22m hält der OGH fest, dass in den bisherigen Entscheidungen bezüglich der Formgültigkeit eines fremdhändigen Testaments die innere Urkundeneinheit bislang noch nie die tragende Begründung gewesen sei und bislang keine Prüfung unter dem Aspekt der „Textfortsetzung“ erfolgte. Der OGH schloss sich nun der überwiegenden Lehrmeinung an, welche das Kriterium der Textfortsetzung bei fremdhändigen Testamenten im Hinblick auf die Fälschungssicherheit als bedenklich ansieht, und kam zu dem Ergebnis, dass eine Textfortsetzung allein keinen inneren Zusammenhang der Blätter herstellen könne und deshalb keine Formgültigkeit erreicht wurde. Die Textfortsetzung schaffe nur eine lose inhaltliche Verbindung, welche in einem Spannungsverhältnis zu den strengen Anforderungen der äußeren Urkundeneinheit stehe.

3. Fazit

Der Oberste Gerichtshof stellte durch die beiden Entscheidungen fest, dass zur Formgültigkeit eines fremdhändigen Testaments, welches aus losen Blättern besteht, eine Urkundeneinheit durch das seitliche Anbringen von drei Heftklammern hergestellt werden kann.

Zudem wurde nun klargestellt, dass durch Textfortsetzung auf dem losen Blatt kein innerer Zusammenhang bejaht werden kann. Hierzu ist nach wie vor ein vom Testator unterfertigter Vermerk mit Bezugnahme auf eine konkrete inhaltliche Anordnung auf dem zusätzlichen Blatt erforderlich.

Unser Team unter der Leitung unserer Spezialistin im Bereich Nachfolge und Vorsorge Mag. Doris Atzmüller berät Sie gerne bei Fragen zur Erstellung Ihres Testaments sowie in allen weiteren erbrechtlichen Angelegenheiten.

Mag. Doris Atzmüller

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