Risikoausschluss der Rechtsschutzversicherung wegen COVID-19 zulässig?

Laut einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Handelsgerichtes Wien ist der in vielen Versicherungsbedingungen vereinbarte Risikoausschluss, mit dem Rechtsschutzversicherungen die Versicherungsdeckung für COVID-19-bedingte Rechtsstreitigkeiten abgelehnt haben, unwirksam.

Klage gegen die „Ausnahmesituationsklausel“

Das Handelsgericht Wien erklärt nach einer, im Auftrag des Sozialministeriums, geführten Verbandsklage gegen ein Versicherungsunternehmen, die Klausel: „Sofern nichts anderes vereinbart ist, besteht kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit hoheitsrechtlichen Anordnungen, die aufgrund einer Ausnahmesituation an eine Personenmehrheit gerichtet sind.“  als rechtswidrig. Das HG Wien erachtet in seiner Entscheidung vom 07.11.2020 zur Geschäftszahl 30 Cg 24/20m diese Klausel aus folgenden zwei Gründen für ungültig:

1.Gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB

Die Wortfolge „in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit einer hoheitsrechtlichen Anordnung“ kann von einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer nur so interpretiert werden, dass jegliche Zusammenhänge mit einer hoheitsrechtlichen Anordnung davon umfasst sind. Dies stufte das HG Wien als gröblich benachteiligend und daher als unwirksam ein.

2.Intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG

Nach Auffassung des Handelsgerichtes Wien ist für einen typischen, durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer zudem unklar, welche genaue Bedeutung die Wortfolge „mit hoheitsrechtlichen Anordnungen, die aufgrund einer Ausnahmesituation an eine Personenmehrheit gerichtet sind“ hat. Daher ist die Klausel nach Ansicht des HG Wien auch intransparent, was ebenfalls zu ihrer Unwirksamkeit führt.

Eine oberstgerichtliche Rsp hierzu liegt zwar noch nicht vor, jedoch kann die Entscheidung des HG Wien für viele Versicherungsnehmer richtungsweisend sein. Zwar behandelte der an das HG Wien herangetragene Sachverhalt  einen Versicherungsfall betreffend Konsumenten, jedoch erörtert das HG Wien einerseits die Bestimmung des § 879 Abs 3 ABGB, welche für Konsumenten als auch Unternehmer gilt. Andererseits führt das HG Wien in seinen Ausführungen zum Transparenzgebot aus, dass mit der Wortfolge „mit hoheitsrechtlichen Anordnungen, die aufgrund einer Ausnahmesituation an eine Personenmehrheit gerichtet sind“ auch ein Bescheid, mit dem über eine Betriebsschließung verfügt wird, gemeint sein könnte, sodass man daraus schließen kann, dass die rechtlichen Ausführungen auch für Unternehmer, als Versicherungsnehmer gelten.

Sind auch Sie von einem Risikoausschluss Ihrer Rechtsschutzversicherung wegen der COVID-19-Pandemie betroffen? Gerne unterstützt Sie das Team der Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH bei der Frage, ob es sich in Ihrem Fall auch um eine Ausnahmesituationsklausel handelt, auf welche sich die Versicherung stützt. Ihre Ansprechpartner finden Sie hier.

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zur allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit wird von Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH keine Haftung übernommen.

Datenschutz
Wir, Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH (Firmensitz: Österreich), verarbeiten zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Datenschutz
Wir, Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH (Firmensitz: Österreich), verarbeiten zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in unserer Datenschutzerklärung.