Pauschale Zusatzentgelte laut OGH unzulässig – Das Ende von „Servicepauschale“ und Co.?

Mit mehreren OGH-Entscheidungen wurde der durchaus weitverbreiteten Praxis, vor allem in der Fitnessstudio-Branche, periodisch wiederkehrende Servicepauschalen oder einmalige Verwaltungspauschalen bei Vertragsschluss dem Kunden zu verrechnen, ein Riegel vorgeschoben.

Der OGH befasste sich unter anderem in seiner Entscheidung 4 Ob 62/22d sowie in der gleichlautenden Entscheidung 4 Ob 59/22p mit den AGB des jeweiligen Betreibers eines Fitnessstudios, welche demselben Franchisesystem zugehören. Die Franchisegeberin gibt hierbei sowohl die AGB als auch die Vertragsformblätter vor, weshalb dieselben ABG-Klauseln geprüft wurden. Diese Urteile könnten nicht nur Auswirkungen auf Fitnessstudios haben, sondern auch auf andere Branchen.

Umfasst von der ABG-Kontrolle des OGH waren Klauseln betreffend die Mindestvertragslaufzeit, die Kündigungsmöglichkeiten, die Zustimmung zur Videoüberwachung und der Verrechnung von Zusatzentgelten in Form einer Verwaltungspauschale, einer Chipbandgebühr und einer halbjährlichen Servicepauschale. In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf die Klauseln zur Mindestvertragslaufzeit und zu den Zusatzentgelten.

Die erste Klausel, die geprüft wurde, regelt, dass grundsätzlich von beiden Seiten zu jedem Monatsletzten unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist schriftlich gekündigt werden kann. Zudem wird in dieser Klausel statuiert, dass das Mitglied die ersten zwölf Monate ab Beginn des Vertragsverhältnisses auf die Abgabe einer solchen Kündigungserklärung verzichtet. Dies hat zur Folge, dass es sich de-facto um eine Mindestvertragslaufzeit von 16 Monaten handelt, und nicht wie angepriesen wird, um eine 12-monatige Mindestvertragslaufzeit. Dies wurde vom OGH als intransparent angesehen. Darüber hinaus kritisiert der OGH, dass diese unangemessen lange Vertragsbindung nicht durch eine entsprechende Gegenleistung, wie etwa einen verminderten Mitgliedsbeitrag, zusätzliche Trainerberatung oder hohe Investition- und Personalkosten, gerechtfertigt ist.

Eine weitere Klausel, die vom OGH näher betrachtet wurde, beinhaltet genaugenommen mehrere Klauseln, die als zur Gänze gröblich benachteiligend beurteilt wurden und insbesondere nicht mit dem „All-in“-Konzept vereinbar sind. Zum einen wird eine einmalige Pauschale für die Verwaltung festgelegt, welche als Gegenleistung für den Aufwand bei der Vertragsbegründung (Erfassung der Stammdaten, Freischaltung, etc) eingehoben wird. Weiters findet sich in dieser Klausel die Festlegung einer Gebühr für das Chipband, welches den Zutritt zum Fitnessstudio ermöglicht. Beides wurde vom OGH als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB qualifiziert, da hier der Verwaltungspauschale keine konkreten Aufwendungen oder Leistungen gegenüberstehen, die über das übliche Ausmaß jeder Vertragsbegründung hinausgehen und der Zutritt zum Fitnessstudio zu den Vertragspflichten des Betreibers gehört.

In der Klausel wird ebenfalls eine halbjährliche Servicepauschale festgelegt. Dieser Pauschale steht jedoch kein über die vertraglichen Hauptleistung hinausgehender Service gegenüber, welcher gesondert abgegolten werden müsste. Dies ergibt sich daraus, dass dieser Betrag unabhängig von einer Inanspruchnahme von Angeboten oder tatsächlich konsumierten Leistungen, wie etwa Trainerstunden, Beratungsgesprächen oder Gruppenkursen, eingehoben wird. Solange keine erforderliche Mehrleistung, sondern nur die mit den vertraglichen Pflichten verbundene Leistung abgegolten wird, ist somit eine zusätzliche Verrechnung gröblich benachteiligend.

Dass pauschale Zusatzentgelte, denen keine konkreten Leistungen oder Kosten gegenüberstehen, unzulässig sind, wurde bereits vom EuGH ausgesprochen. Mit diesen OGH-Urteilen könnten nun auch die Verträge von diversen anderen Branchen, in denen „Servicepauschalen“ üblich sind, auf dem Prüfstand stehen.

Fazit:

  • Eine Pauschalierung ist unzulässig, wenn dieser keine konkreten Leistungen oder Kosten gegenüberstehen.
  • Dies betrifft zum einen die periodisch abgerechneten Servicepauschalen von Fitnessstudios, zum anderen könnte dies auf diverse andere Branchen übergreifen.
  • Das Werben mit einer 12-monatigen Vertragsbindung, welche aufgrund der Kündigungsregelung mindestens 16 Monate besteht, ist intransparent. Die Kündigungsbedingung, die eine Kündigung zum Ende der Vertragslaufzeit verhindert, ist somit unzulässig.

Ihre Ansprechpartner zu diesem Thema sind:

Dr. Gerald Waitz                                                           Mag. Stefan Paschinger

             

 

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