Neue OGH-Entscheidung zum Thema Geschäftsraummiete im Lockdown: Bäckerei-Cafe muss während des Lockdowns keine Miete zahlen

Geschäftsraummieten in Zeiten von Covid-19 beschäftigen die österreichischen Gerichte und somit auch den OGH derzeit laufend. So hat sich der OGH nunmehr erneut mit diesem Thema auseinandergesetzt und dabei erstmals auch zur Frage, ob ein Mieter einen erhaltenen Umsatzersatz an den Vermieter herausgeben muss, Stellung bezogen.

Die wesentlichen Punkte der neuen OGH-Entscheidung haben wir für Sie zusammengefasst:

1. Ausgangslage / Sachverhalt

In der neuen Entscheidung zu 3 Ob 36/22y ist die Beklagte Mieterin einer Geschäftsräumlichkeit in einem Fachmarktzentrum zum Betrieb als „Bäckerei-Cafe“. Etwa 90% der Umsätze werden durch den Kaffeehausbetrieb, der aufgrund des Lockdowns ohnehin nicht erlaubt war, und nur ca. 10% durch den Verkauf von Backwaren erzielt. Während der behördlich angeordneten Lockdowns von 16.03.2020 bis 14.05.2020 und von 03.11.2020 bis 19.05.2021 war das Cafe gänzlich geschlossen. Die Mieterin bot auch keinen Abhol- oder Lieferservice an und bezahlte für diese Zeiträume keine Miete.

Die Vermieterin begehrte in ihrer Klage unter anderem die Zahlung der offenen Mietzinse. Dies mit der Begründung damit, dass Bäckereien vom Betretungsverbot ausgenommen gewesen wären.

Die Vorinstanzen (Erst- und Berufungsgericht) hielten fest, dass der Mieterin für den Zeitraum der Lockdowns eine vollständige Zinsbefreiung zusteht, da es sich im Wesentlichen um den Betrieb eines Kaffeehauses handelt und der Backwarenverkauf nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es kann von der Mieterin nicht verlangt werden, den Backwarenverkauf aufrecht zu erhalten, wenn dies zum wirtschaftlichen Untergang des Betriebs führen würde. Zudem wurde festgehalten, dass Zuschüsse zur Deckung von Fixkosten nur dem begünstigten Unternehmen (in diesem Fall der Mieterin) und nicht dem Vermieter zukommen.

Der OGH bestätigte in seiner Entscheidung die Ansicht des Erst- und Berufungsgerichtes und sprach aus, dass der Mieter während der Zeiträume des Lockdowns von der Pflicht zur Zahlung der Mietzinse zur Gänze befreit ist.

2. Kernaussagen des Obersten Gerichtshofes

Sofern der vereinbarte Gebrauch des Bestandobjektes durch den Kundenverkehr gekennzeichnet ist, führt ein Betretungsverbot aufgrund der Covid-19-Pandemie zur gänzlichen Unbenutzbarkeit des Bestandobjektes.

Im gegenständlichen Fall war den Vertragsparteien (Mieterin und Vermieterin) klar, dass es sich primär um den Betrieb eines Kaffeehauses handelt und die Filiale allein durch den Verkauf von Bäckereiwaren wirtschaftlich nicht überlebensfähig wäre. Ausgehend davon, kann nicht angenommen werden, dass das Bestandobjekt trotz des für Gastronomiebetriebe (also auch Kaffeehäuser) geltenden Betretungsverbotes jederzeit zum vereinbarten Geschäftszweck benützbar gewesen wäre.

Auch die objektive Möglichkeit, dass die Mieterin einen Liefer- oder Abholservice anbieten könnte, war im konkreten Fall nicht einschlägig. Im konkreten Fall hätte die Einrichtung eines Liefer- oder Abholservice zu einem Verlustgeschäft geführt und wäre nicht einmal kostendeckend möglich gewesen. Der Mieterin ist daher das Anbieten eines Liefer- oder Abholservice nicht zumutbar gewesen.

Der OGH bestätigte auch erneut, dass ein vom Mieter bezogener Fixkostenzuschuss nicht an den Vermieter herauszugeben ist, weil durch den Zuschuss nicht der Mietzinsentfall der Vermieter wettgemacht werden soll. Erstmals hat der OGH auch ausgesprochen, dass dies auch für den Umsatzersatz gelten muss, weshalb auch dieser allein dem Mieter, der der den Umsatzersatz beantragt hat, zugutekommt.

3. Fazit

Der OGH stellt durch diese Entscheidung erneut klar, dass für die Frage, ob eine (teilweise oder gänzliche) Mietzinsminderung geltend gemacht werden kann, auf die Beurteilung der Unbrauchbarkeit bzw. das Ausmaß der Unbrauchbarkeit und auf den vereinbarten Geschäftszweck abzustellen ist.

Zudem kommt es darauf an, inwieweit der Mieter eine Geschäftsräumlichkeit noch nutzen kann, ohne ein Verlustgeschäft zu erwirtschaften. Dies ist insbesondere auch bei der Beurteilung, ob ein Liefer- oder Abholservice angeboten hätte werden müssen, zu berücksichtigen.

Für Geschäftsraummieter wesentlich ist auch, dass weder der Fixkostenzuschuss noch ein erhaltener Umsatzersatz an den Vermieter herausgegeben werden muss.

Unser Team berät Sie gerne bei Fragen zur Mietzinsminderung und anderen mietrechtlichen Themen.

Dr. Gerald Waitz                                                     Mag. Sophie Stürmer

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zur allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit wird von Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH keine Haftung übernommen.

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