Aktuelle OGH Entscheidung zum Kündigungsschutz bei COVID-19-Kurzarbeit

In einer aktuellen Entscheidung (OGH 22.10.2021, 8 ObA 48/21 y) hat der OGH nunmehr bestätigt, dass die Kündigungsbeschränkungen in Zusammenhang mit der COVID-19-Kurzarbeit (auch „Corona-KUA“ genannt) keinen individuellen Kündigungsschutz für einzelne Arbeitnehmer statuieren.

In diesem Beitrag fassen wir die wesentlichen Aussagen des Höchstgerichts zusammen.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten als Angestellter im Projektmanagement beschäftigt. Mit Gültigkeit ab 23.03.2020 hat die Beklagte während des ersten COVID-19-Lockdowns mit 15 Mitarbeitern (jedoch nicht mit dem Kläger) die „Sozialpartnervereinbarung – Einzelvereinbarung“ über die Corona-Kurzarbeit abgeschlossen und am 15.4.2020 angekündigt, die Kurzarbeit auf alle Mitarbeiter auszudehnen. In der vereinbarten Sozialpartnervereinbarung ist festgehalten, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, jenen Beschäftigtenstand im Betrieb aufrecht zu erhalten, der zum Zeitpunkt des Geltungsbeginns der Kurzarbeitsvereinbarung bestanden hat (Behaltepflicht) und die Dauer der Behaltepflicht nach Ende der Kurzarbeit einen Monat betrage. Weiters wurde festgehalten, dass Kündigungen frühestens nach Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden dürften. Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus personenbezogenen Gründen und das Recht zum vorzeitigen Austritt sind nach der Sozialpartnervereinbarung unbenommen. In diesen Fällen sei der Beschäftigtenstand aufzufüllen.

Aufgrund von kritischen Fragen zur Vorgehensweise der Beklagten in der Krise und der Weigerung des Klägers, einem geplanten Betriebsurlaub (trotz ausreichender offener Urlaubstage) zuzustimmen, hat die Beklagte am 27.04.2020 das Dienstverhältnis mit dem Kläger zum 31.07.2020 gekündigt und ihn für die Dauer der Kündigungsfrist dienstfrei gestellt. Die offene Stelle des Klägers wurde nachbesetzt.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Abgeltung offener Gutstunden sowie die Zahlung einer Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung bis 31.10.2020:  Die Beklagte sei aufgrund der für die gesamte Belegschaft geltenden dreimonatigen Kurzarbeitsvereinbarung nicht berechtigt gewesen, das Dienstverhältnis vor dem Ende der Behaltefrist aufzulösen.

Das Erstgericht wies die Klage ab und hielt fest, dass die Kündigung des Klägers nicht den Bedingungen der Corona-KUA widersprochen habe. Es würde der zulässige Ausnahmefall einer Auflösung aus persönlichen Gründen bei Aufrechterhaltung der Beschäftigtenanzahl vorliegen.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Klägers teilweise dahingehend Folge, als es das begehrte Entgelt für Gutstunden zugesprochen hat. Es teile aber die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die geringe Bereitschaft des Klägers, in der Krise auf die Unternehmensinteressen Rücksicht zu nehmen, als ein in seiner Person gelegener Kündigungsgrund sei. Nach Auffassung des Berufungsgerichts würde die Sozialpartnervereinbarung keinen individuellen Kündigungsschutz gewähren.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts hat der Kläger die außerordentliche Revision erhoben. Der OGH hat die Revision zur Klarstellung von über den Einzelfall hinaus wesentlichen Rechtsfragen für zulässig erklärt, im Ergebnis aber die Rechtsansicht des Berufungsgerichts bestätigt.

Kernaussagen des OGH

Der OGH hielt zusammenfassend fest, dass sowohl die Sozialpartnervereinbarung als auch die gesetzliche Grundlage dafür (§ 37b Abs 1 AMSG) auf das Ziel abstellen, die Zahl der insgesamt im Betrieb Beschäftigten aufrechtzuerhalten, ohne einen zusätzlichen individuellen Kündigungsschutz statuieren zu wollen. Ob ein etwaig individueller Beendigungsschutz generell mit den Zielen der Kurzarbeitsförderung (Verhinderung von Arbeitslosigkeit) vereinbar sei, kann laut OGH dahingestellt bleiben, weil in derartigen Krisen häufig ein Bedarf nach rascher Umstrukturierung bestehen kann, der zwar grundsätzlich zu keiner Reduktion der Gesamtanzahl der Arbeitnehmer führen darf, aber doch zu einer Verschiebung – im Sinne eines Austauschs – einzelner Arbeitnehmer.

Aus den gesetzlichen Bestimmungen der Corona-KUA und der Sozialpartnervereinbarung ergibt sich daher laut Aussagen des OGH keine Unwirksamkeit einer während der Kurzarbeit oder der anschließenden Behaltefrist ausgesprochenen Kündigung. Ebenso wenig resultiert daraus eine Änderung der Kündigungsfristen und -terminen.

Ausblick

Diese höchstgerichtliche Entscheidung bestätigt die bisherige – auch durch unsere Kanzlei erfolgreich durchgesetzte – Rechtsmeinung der Erst- und Berufungsgerichte zu diesem Thema. Während der Covid-19-Kurzarbeit und der anschließenden Behaltefrist ausgesprochene Kündigungen sind somit zulässig, sofern ein persönlicher Kündigungsgrund vorliegt und der Beschäftigtenstand aufrecht erhalten wird.

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Dr. Gerald Waitz                                                   Mag. Martina Kovačević

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